Terminator: Dark Fate – Ein nostalgisches Halb-Reboot

Es gibt also einen neuen Terminator-Film und weil niemand die Teile nach dem zweiten mochte, werden diese schlichtweg ignoriert und stattdessen sehen wir ein neues Sequel zu Teil 2. Gibt es einen Namen für diese Art von Film? Halb-Reboot? Die Halloween-Serie hat ja bereits dasselbe getan, einfach die Zeit zurückspringen bis zum letzten Teil der universell beliebt ist. Die Zeit zurückspringen, womit wir wieder bei Terminator wären…

Wie macht man eine Fortsetzung zu einem an sich perfekten Ende? Daran sind seit dem zweiten Teil, Judgment Day, alle Sequels gescheitert. Sarah Connor hat ja die Welt gerettet, eben jenen Judgment Day verhindert, doch da kommt einem halt der Kapitalismus in die Quere, der nach Fortsetzungen verlangt. Daher existierte die Postapokalypse mit Skynet und den Terminatoren dann irgendwie doch, ob das nun in die Geschichte der ersten beiden Filme passt oder nicht. Auch für immer neue Auftritte von Arnold Schwarzeneggers T-800 liessen sich stets irgendwelche Ausreden finden. Nun hat sich in diesem neusten Teil, der mit vollem Namen Terminator: Dark Fate heisst, in dieser Hinsicht nicht viel geändert: Es gibt weiterhin eine postapokalyptische Zukunft mit einer bösen KI, die Terminatoren in die Vergangenheit schickt, und auch der T-800 kommt abermals vor (ein Spoiler, der bereits bei einem Blick auf das Filmposter aufgedeckt wird). Im Gegensatz zu all den bisherigen T2-Sequels, kehrt diesmal Linda Hamilton als Sarah Connor zurück und David Cameron ist in einer Produzentenrolle involviert. Was sich ebenfalls geändert hat ist, dass die böse KI nicht mehr Skynet ist, welches in dieser Kontinuität tatsächlich erfolgreich gestoppt wurde, sondern eine ganz andere KI namens Legion. Weil die Menschheit es eben „nie lernen wird“. Das kann man jetzt doof finden, aber diesen Teil des Plots zu kritisieren heisst halt Hollywood selbst zu kritisieren, entweder gibt es eine komplizierte Erklärung warum Leute weiterhin vor Terminatoren wegrennen dürfen, oder halt eine einfache, so wie in diesem Film. Bevor ich hier weiter auf den Film eingehe und über Spoiler spreche, die nicht auf dem Filmposter aufgedeckt werden, kann ich zusammenfassend sagen: Ein schöner Nostalgietrip, der das Genre nicht neu erfindet, aber durch seine Thematiken und die drei weiblichen Hauptrollen trotzdem erfrischend daherkommt. Und ja, Dark Fate ist quasi automatisch der beste Terminator seit T2.

Der Plot folgt also der erprobten Formel: Ein Terminator kommt aus der Zukunft, um jemanden in der Gegenwart umzubringen, während gleichzeitig ein Mensch aus der Zukunft kommt, um diesen Mord zu verhindern. Die neue Sarah Connor ist eine junge Mexikanerin namens Dani, der neue Kyle Reese ist die kybernetisch modifizierte Soldatin Grace und der neue T-1000 ist der Rev-9, welcher in technischer Hinsicht eine Mischung aus T-800 und T-1000 darstellt. Das typische Ensemble ist also abgedeckt, wo haben da noch die klassischen Charaktere Platz? Die Antwort erhält man gleich zur Eröffnung des Films, die mit dem grossen Schockmoment beginnt: John Connor wird von einem T-800 getötet, der von Skynet vor dessen Vernichtung geschickt wurde. Der bisher am meisten ins Zentrum gerückte Charakter wird in dieser Timeline also von einer Zukunft getötet, die es nie gab. Dies ist, wenig überraschend, der bei weitem kontroverseste Aspekt des ganzen Films. Ist man aber bereit, sich auf das Konzept dieses Films einzulassen, wird man viel Positives entdecken. Der Kampf zwischen den Protagonistinnen und dem Rev-9 funktioniert nach Actionfilm-Logik einwandfrei, man weiss wie die Kräfteverhältnisse aussehen und was auf dem Spiel steht. Die Figur von Grace erweist sich dabei als die wohl beste Idee, da sie sich als Cyborg auch gegen diesen übermächtigen Gegner verteidigen kann, aber letztlich trotzdem verwundbar bleibt. Ihr Metabolismus ist auf kurze, intensive Handlungen ausgelegt und bricht bei Überbeanspruchung zusammen, sie braucht dann notfallmässig Medikamente. Sie ist im Prinzip eine Variation des „guten“ T-800 aus T2, der zwar ein mächtiger Kampfroboter ist, aber gegen den T-1000 und dessen scheinbar unendliche Regenerationsfähigkeiten letztlich nicht ankommt. Und wie cool ist denn bitte Linda Hamilton als 63-jährige Sarah Connor, die seit Jahren nichts anderes macht als Terminatoren zu jagen? Sie weiss genau wie diese funktionieren, sie hat sich geradezu ein Slasherfilm-Meta-Wissen angeeignet (denn vergessen wir nicht, dass ein guter Terminator-Film im Kern ein Slasher ist). Sarah Connor ist und bleibt die beste Actionheldin Hollywoods.

Interessanterweise ist der Film auch voller politisch aufgeladener Motive. So müssen Sarah und Grace etwa die Mexikanerin Dani über die militarisierte Grenze in die USA schmuggeln, während der Rev-9 kurzerhand in die Uniform eines Grenzschutzbeamten schlüpft und diese auch für den Rest des Films anbehält. Man mag jetzt kritisieren, dass dies doch etwas gar plump daherkommt, aber nur zur Erinnerung, was hatte der T-1000 damals an? Genau, eine Polizeiuniform, das war natürlich kein Zufall. Zum einen ist da schon das Hollywood von heute spürbar, das wirklich jedes Detail ausbuchstabieren muss, aber andererseits passt diese ganz und gar nicht subtile Botschaft perfekt in die heutige Zeit des Rechtspopulismus. Und Dani, wie ist die denn so als die neue Sarah Connor? In dieser Geschichte entspricht sie so ziemlich exakt der Sarah aus dem ersten Teil, als eine ganz normale Frau, welche brutal aus ihrem bisherigen Leben gerissen wird und sich innert kürzester Zeit daran gewöhnen muss, von jetzt an der wichtigste Mensch der Welt zu sein. Der Unterschied ist, dass Dani nicht die Mutter der grossen Erlöserfigur ist, sondern selbst diese Rolle einnimmt. Dieser Twist funktioniert hervorragend, gerade weil er besser funktioniert als das ursprüngliche Konzept. Denken wir auch hier wieder an die beiden inhaltlichen Vorgänger zurück: Sarah Connor war die Protagonistin, die Heldin, John Connor hingegen kam erst im zweiten Teil als Kind hinzu und würde selbst nicht einmal zum Helden werden müssen, sollte es Sarah gelingen den Judgment Day zu stoppen. Alle Sequels nach T2 fokussierten sich auf John und vergassen völlig, wer eigentlich die zentrale Figur dieser Filmserie ist.

Bleibt noch Schwarzeneggers Rolle als Terminator im Ruhestand, der ein bürgerliches Leben mit Haus und Familie führt und von einem schlechten Gewissen geplagt wird. Klingt verrückt, ist aber letztlich eine Fortsetzung des Motivs aus T2, wo dasselbe Terminator-Modell lernt, menschliche Gefühle zu verstehen. Eine logische Erklärung dafür, warum dieser Roboter zu solch einer Entwicklung fähig ist, gibt es nicht, aber die brauche ich auch nicht. Die Idee ist einfach zu gut, um sie nicht zu verwenden in einem Film über zeitreisende Roboter mit österreichischem Akzent.

Nicht alles hat mir gefallen, ohne Frage kommt Dark Fate nicht einmal in die Nähe der ersten zwei Teile, damit habe ich auch nicht gerechnet, denn solche Weltwunder wie Mad Max: Fury Road passieren nicht jeden Tag. Viele der Actionsequenzen haben die typischen Probleme der heutigen Zeit, also zu viel CGI und verwirrende Kameraführung, wie so oft spürt man diese Distanz zur Realität und kann sich dadurch nicht mitreissen lassen. Die Sequenz im Flugzeug ist für mich ein Paradebeispiel dieses Phänomens. Kritisieren kann man auch, dass Dark Fate nicht einmal versucht, eine andere Formel für dieses Franchise zu finden. Ich behaupte, dass es wohl möglich wäre, doch es ist fraglich ob Hollywood es noch einmal probiert, nachdem Terminator Salvation nicht funktioniert hat.

Fazit: Wie schon gesagt, ein schöner Nostalgietrip der auf die altbekannte Formel setzt und trotzdem einige neue Dinge probiert. Eigentlich der ideale Anfang um diese Serie weiterzubringen, doch leider zeichnet sich an den Kassen ein finanzielles Debakel ab und die laute Incel-Minderheit ist natürlich bereits zur Stelle mit ihrer garantiert nicht frauenfeindlichen und rassistischen Interpretation davon. Schade eigentlich, das Konzept von „Niemand mochte die bisherigen Sequels, also ignorieren wir diese und machen für einmal ein gutes“ sollte eigentlich belohnt werden.

7 von 10 platonischen Beziehungen

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